„Freude und Erstaunen angesichts so vieler neuer Ideen und Wendungen …
einfach umwerfend … etwas unverwechselbar Eigenes“
Es dürfte sich mittlerweile herumgesprochen haben, dass hinter der Komponistin mit dem wohlklingenden Namen Mia Brentano der
Komponist und Musikwissenschaftler Klaus Martin Kopitz steckt. Und
es wird den einen oder anderen sicher überrascht haben, dass die so
beschwingt und gefällig daherkommende Musik von jemandem erfunden wurde, der ursprünglich nicht etwa aus der Jazz- und Songwriter-Szene kommt, sondern aus der Neuen Mu sik, bei welcher der Wohlfühlfaktor eher eine untergeordnete Rolle spielt. Verständlich, dass jemand wie Kopitz, der auch ein Buch über die geheimnisvolle Adressatin von „Für Elise“ geschrieben hat, mit seiner Musik endlich mehr als nur eine Handvoll Menschen erreichen möchte. Das ist ihm bislang geradezu bravourös gelungen. Sowohl das Album Hidden Sea als auch River of Memories waren Publikumserfolge. Letztgenanntes Album erhielt sogar den Preis der deutschen Schallplattenkritik. Ob Mia das auch mit ihrem neuen Album gelingt, bleibt abzuwarten.
Man begegnet in den 22 Stücken für zwei Klaviere wieder genau jenem
Stilmix aus Blues, Jazz, Musical und Klassik, den Kopitz schon in den bei-
den vorhergehenden Alben kultiviert und perfektioniert hat. Deshalb gibt es immer wieder Déja-vu-Erlebnisse. Gleichwohl überwiegen Freude und Erstaunen angesichts so vieler auch neuer Ideen und verblüffender Wendungen, die Kopitz immer wieder in einen brillanten Klaviersatz zu gießen vermag. Ein Stück wie Birds Leaving the Earth ist mit seiner schwebenden, von wogenden Klangwellen eingekreisten Melodik einfach umwerfend. Daneben gibt es aber auch ganz schlichte Blues- Stücke – z. B. Before Sunrise –, und einige Kompositionen könnten glatt in einem Broadway-Musical stehen. Wenn sich Kopitz bei den komponierenden Kollegen was abschaut, dann kommt doch immer etwas
unverwechselbar Eigenes dabei heraus. Für das Stück She Needs the
Wind dürfte Debussys Prélude Levent dans la plaine (1. Buch, Nr. 3)
als Inspirationsquelle gedient haben. Im beiden Fällen machen
flirrende Klavierfigurationen mächtig Wind. Sleepy Landscape erinnert
nicht nur dem Titel nach an John Cages Klavierstück In a Landscape,
sondern macht auch musikalisch einige An leihen, wie z. B. das regelmäßig wiederkehrende aufsteigende Drei klangmotiv. Freilich hat nur Kopitz’ Landscape den Blues. Außerdem ist es ein reines Solostück und relativ einfach zu spielen. Beides ist eher die Ausnahme in diesem Album mit Kompositionen für 2 Klaviere, die zumindest ein sehr gut aufeinander eingespieltes Klavierduo voraussetzen. Dann muss die Musik swingen, tanzen, flirren und vibrieren: Summerhouse, Summertime und auch ein bisschen Sommernachtstraum.